In meiner Grenzlandkampagne haben sich die Kräfte des Chaos
erhoben und die Festung im Grenzland angefallen. Massenkampfregeln mussten her!
Zum Glück hat Swords&Wizardry Massenkampfregeln – aber die haben
mich nicht glücklich gemacht. Sie waren zu … unintuitiv? Es fällt mir schwer
das in Worte zu fassen. An den falschen Stellen zu komplex. Aber es ist ja ein
bekanntes Problem:
Nennt mir gute Massenkampfregeln!
„Gut“ ist ein vages Attribut und es gibt wirklich viele
Regelvarianten. Manche präferieren glaubwürdige Regeln und nehmen dafür gerne
Komplexität und viel (Spiel)zeit in Kauf. Andere wollen die Schlacht schnell
und einfach abhandeln. Tja und dann gibt es diejenigen, die es einfach und
schnell, aber gerne auch glaubwürdig hätten – dazu zähle ich auch - und dieses
Dilemma ist nur schwer zu lösen.
Die „Warmachine“ aus dem D&D Compendium wurde
einem anderen Suchenden empfohlen. Cool! Regeln, die vorab ziemlich viel
Rechnerei erfordern, aber durchaus viele Faktoren einer Schlacht behandeln und
abstrakt schnelle Schlachtenberechnungen ermöglichen – Stichwort Glaubwürdigkeit.
Allerdings sind diese Regeln wirklich ganz anders als gewöhnliche DnD
Kampfregeln, wir sind hier eher bei einem W100-System.
Die Lektüre war dennoch hilfreich. Mir wurde klar, dass ich
eigentlich Massenkampfregeln möchte, die an den normalen DnD-Kampfregeln so nah
wie möglich dran sind. Dieser Anspruch wurde bei meiner dritten Lektüre
verfolgt, den Massenkampfregeln von Blood & Treasure 2, einem der
unzähligen Retro-Klone, die auf meiner Festplatte liegen. Einfacher als Swords&Wizardry,
sind die Regeln an manchen Stellen für mich dennoch umständlich; auch hier geht
es wieder um Glaubwürdigkeit an der richtigen Stelle.
Nichts hat mich also wirklich glücklich gemacht.
Regelküche
Also bin ich in die Regelküche gegangen, Blood&Treasure
und Swords&Wizardry in einen Topf geworfen, mit ein bisschen Warmachine
und ordentlich Hausregeln abgeschmeckt, ah, eine Prise B/X nicht
vergessen, und dann die Schlacht um die Festung gespielt.
Vorab: Es lief ganz ordentlich. 12 Einheiten wurden
vonseiten der Spielgruppe ins Feld geführt, 19 habe ich verwaltet. Alles
machbar, die Regeln funktionieren. An dieser Stelle möchte ich keinen längeren
Schlachtenbericht liefern als: Die Kräfte der Ordnung haben gesiegt, wenn auch
knapp. Vielmehr möchte ich in den nächsten Einträgen mein Hausregelkonvolut zum
Thema Massenkampf durchgehen und kommentieren.
Es sei noch angemerkt, dass ich sicher nicht die perfekte
Lösung gefunden habe. Da steht ja immer die Frage nach der angemessenen
Regeltiefe und Glaubwürdigkeit im Raum und das bleibt letztlich wahrscheinlich eine Geschmacksfrage.
Die Regeln
Die Schlacht ist in Phasen eingeteilt, wie auch der Kampf
bei Swords&Wizardry. Die Grundregel ist, dass die Kampfregeln gelten, wenn
etwas nicht über die Schlachtenregeln geklärt ist. Eine Schlachtrunde dauert
eine Minute.
Diese Grundprämissen gefallen mir weiterhin.
1. Befehl
Jeder Kommandant gibt seinen Truppen Befehle. Erteilte
Befehle können nicht zurückgenommen werden.
Nachdem alle Befehle erteilt worden sind, wirft jeder
Kommandant 1W6 für die Initiative. Die Seite mit dem höheren Wert beginnt. Bei
Gleichstand beginnt die Spielerseite.
Das Ankündigen der Befehle ist für mich schnell
unübersichtlich geworden. Eine Lösung wären Befehlsplättchen (Bewegen, Nahkampf,
Fernkampf, Zaubern) oder ich lasse diesen Teil der Phase einfach weg und
beschränke mich auf die Initiative. Die individuelle Initiative habe ich aus
pragmatischen Gründen – ich musste ja auch fünf Anführer verwalten – gleich zu
Beginn gekippt und an die allgemeinen Kampfregeln angepasst. 1W6 für jede
Seite, die höhere beginnt. Bei Gleichstand beginnt die Spielerseite.
2. Fernkampf
Fernkampfangriffe können ausgeführt werden, wenn sich die
Gruppe in der vorherigen Kampfrunde nicht bewegt hat.
3. Bewegung
Die Einheit kann sich in dieser Phase in der befohlenen
Geschwindigkeit bewegen und ihre Formation ändern.
In Swords&Wizardry sind die Phasen 2&3 zusammengefasst.
Das ist auch sinnvoll. Konnte ich mich immer erinnern, ob sich eine der
Fernkampf-Einheiten in der vorherigen Runde bewegt hat? Nein. Also zusammenfassen
und gut ist.
Der Aspekt der Formationen ist eine Hausregel. Statt wie in Blood&Treasure
2 verschiedene Formationen mit Boni und Mali einzuführen, können Kommandanten
Werte ihrer Einheit mit Kommando-Punkten verbessern. Dazu später noch mehr.
4. Nahkampf oder Zauber wirken
Nahkampfangriffe können ausgeführt und Zauber gewirkt
werden.
5. Moral
Einheiten müssen mit 2W6 ihren Moralwert unterwürfeln,
damit sie nicht fliehen. Das ist der Fall, wenn auf ihrer Seite…
·
die Hälfte der Trefferpunkte verloren wurde,
·
die Einheit über die Hälfte der TP hinaus
weitere TP verliert,
·
wenn ein magischer Furcht-Effekt auf der
Truppe liegt,
·
wenn eine der anderen Einheiten des
Kommandanten flieht oder 0 TP erreicht,
·
der Kommandant flieht,
·
der Kommandant getötet wurde.
Das gilt niemals für Spielercharaktere selbst, die immer
die Nerven behalten.
·
Schafft eine Einheit ihren Moralwurf nicht,
flieht sie.
·
Sie kann ihren Moralwurf in der nächsten
Bewegungsphase wiederholen.
·
Schafft sie dann den Wurf, kann sie in der
darauffolgenden Kampfrunde wieder Befehle befolgen.
·
Schafft sie den Wurf nicht, ist die Truppe
zerrieben worden.
Die vierte Phase entspricht den Regeln aus Swords&Wizardry.
Dazu gehört bei mir auch die Hausregel, dass man Manöver in den Angriff
einbinden kann (Manöver ankündigen, bei gelungenem Angriff kann das Ziel
zwischen Schaden und Manöver wählen). Das wurde auf beiden Seiten zu wenig
eingesetzt. Aber außer Manöver selber mehr anzuwenden, habe ich auch keine
Idee, wie ich das noch mehr ins Spiel bringen kann.
Die Moralphase habe ich aus den B/X OSR-Kampfregeln übernommen,
wobei ich jetzt nicht beschwören kann, ob das so in den Originalregeln steht
oder ich das aus irgendeinen Klon habe. Die Auslöser und Auswirkungen finden
sich so ähnlich auch in der „Warmachine“ und bei Blood&Treasure 2.
Sie haben gut funktioniert und die Schlacht auch zugunsten der Spielergruppe
verschoben, weil sie schnell erkannt haben, dass das Ausschalten der jeweiligen
Kommandanteneinheit ganze Truppenverbände vom Schlachtfeld nehmen kann.
Schaden
Die fürchterliche 2W6 Schlachten-Tabelle
Sinken die TP einer Einheit auf 0, muss auf die Tabelle
gewürfelt werden. Ist der Kommandant Teil der Einheit, muss er auf die
fürchterliche 2W6 Kampf-Tabelle würfeln.
·
(2-4) Vernichtet. Alle Mitglieder der Einheit
sind tot oder liegen im Sterben.
·
(5-6) Handlungsunfähig. Die Einheit ist
handlungsunfähig und kann weder fliehen noch andere Dinge tun. Gegner können
sie ohne Würfeln in der nächsten Runde niedermetzeln.
·
(7) Kampfunfähig. Die Einheit kann sich nur
noch bewegen. Nahezu alle Mitglieder sind verwundet.
·
(8-10) Zerrieben. Die Einheit flieht kopflos
und kann nicht mehr gesammelt werden.
·
(11) Angeschlagen. Gegnerische Einheiten
erhalten +4 auf den nächsten Angriff.
·
(12) Aufbäumen; je zwei TW (aufgerundet) 1W4
TP; nach dem Kampf Verlust aller TP und 2W6 Tage Kampfunfähigkeit.
Eine Variante der fürchterlichen 2W6 Tabelle, die ich für
die Schlacht angepasst habe. Sie ist einfach und hat sich bewährt. Vielleicht
werde ich noch die Wahrscheinlichkeit für die Vernichtung geringfügig erhöhen.
Weitere Schlachtenregeln
Gliederung in Trupps und Einheiten
·
Die Charaktere werden in Trupps von je 10
zusammengefasst.
·
Die Trefferwürfel werden zu Trefferpunkten.
·
Haben Nichtspielercharaktere keinen
Trefferwürfel, zählen diese als halbe Trefferwürfel.
·
Eine Einheit besteht aus mindestens einem
Trupp.
·
Eine Einheit macht 1W6 Schaden; bei mehreren
Trupps 1W6 mit Vorteil.
·
Ist eine Einheit einheitlich bewaffnet, kann sie
die Vorteile der Waffen nutzen.
·
Große Monster zählen als eigenständiger Trupp
und können Teil einer Einheit sein.
·
Bilden Kreaturen eine Truppe von 10, erhalten
sie bei allen 10 TP über 10 +1 auf Angriff und Schaden.
·
Die Moral einer Einheit ist meistens 6 oder
niedriger.
·
Berittene Einheiten erhalten die
Trefferwürfel der Reittiere als Trefferpunkte dazu.
·
Die Reittiere können auch als Waffe dienen.
Die Umrechnung von Kreaturen/Charakteren habe ich Blood&Treasure
2 entnommen. Das ist ziemlich gut handhabbar und erfordert wenig Anpassung.
In meiner verhausregelten Waffenliste hat jede Waffe
besondere Eigenschaften. Das wollte ich mit dem sechsten Punkt auch in die
Schlachtenregeln übernehmen. Letztlich hat es sich für mich aber als zu
kompliziert angefühlt, streiche ich also.
Die Moralwerte bei Punkt 9 hatte ich so niedrig angesetzt,
um den Druck zu erhöhen die Kommandopunkte vor allem darauf zu packen. Das hat
nicht wirklich funktioniert. Diese Regel würde ich streichen und die Moralwerte
für die Monster aus dem Zusatz-PDF für Swords&Wizardry oder einem B/X-Monsterbuch
entnehmen.
Zuletzt störe ich mich an meiner Wortwahl. Ich schreibe von Charakteren,
Monstern und Kreaturen. Nach den Regeln gibt es da aber keine
Unterschiede, außer der Größe. Dann kann ich aber auch einfach grundsätzlich
von Charakteren sprechen.
Kommandanten
·
Spielercharaktere sind Kommandanten über
beliebig viele Einheiten.
·
Sie sind Teil einer ihrer Einheiten.
·
Sie besitzen Führungskraft
(Intelligenz+Weisheit+Charisma-30).
·
Sie können ihre Führungskraft als
Kommandopunkte auf Werte einzelner Einheiten verteilen, um sie zu verbessern
(Trefferpunkte, Rüstungsklasse, Angriff, Schaden, Moral).
·
Jede Einheit muss gleich viele Kommandopunkte
erhalten.
·
Fällt eine Einheit, sind auch die
Kommandopunkte weg.
·
Diese Verbesserung ist die “Formation” der
Einheit.
·
Die Formation kann jede Bewegungsphase
geändert werden.
·
Hat der Kommandant negative Kommandopunkte,
muss er nach denselben Regeln Mali verteilen.
Die „Warmachine“ hat mich zu den Kommandopunkten inspiriert.
Es war für die Spieler befriedigend die Werte ihrer Einheiten in jeder
Bewegungsphase per Formation verbessern zu können. Dafür hatten sie
Holzplättchen, die sie auf den Einheitenkarten einfach verschieben konnten. Dieser
Regelteil wird auf jeden Fall beibehalten. Dennoch werde ich einige Änderungen
durchführen.
In der Schlacht habe ich dann gleich eine spontane Regel
hinzugefügt. Die TW des Kommandanten werden als TP der Einheit hinzugefügt in
der er ist. Das hat sich für die Spielergruppe gut angefühlt, für meine Kräfte
des Chaos auch – wird in die Regeln aufgenommen.
Beim Verteilen der Kommandopunkte (Punkt 4) würde ich gerne
noch Bewegung dazunehmen und ein Limit einführen. Die Stufe/Anzahl TW des
Kommandanten bestimmt dann, wie viele Punkte ich auf einen Wert packen kann.
Punkt 4 & 5 habe ich in der Schlacht einfach mal
vergessen und es hat mich nicht im Geringsten gestört. Die fallen also weg.
Was ist mit Belagerungsregeln?
In den Kampfregeln von Swords&Wizardry
wird ein Geländebonus von +1/+2 auf den Angriff und ein Deckungsbonus von +1/+2
auf die Rüstungsklasse gewährt. Das hatten also die Truppen in der Burg zur
Verfügung. Das Erklimmen der Burgmauern verhinderte andere Kampfphasen wie
Nahkampf & Zaubern – das hat prima geklappt und bleibt erstmal so.
Geschmacksfrage
Bist du mit diesen Schlachtenregeln fündig geworden? Dann entlehne
dir, was dir gefällt.
Lassen dich diese Regeln unzufrieden zurück? Ich fühle mit
dir. So ging es mir auch wochenlang, während ich gute Schlachtenregeln gesucht
habe. Schließlich wollen wir einen spannenden Massenkampf – keinen Krampf.